Die betriebliche Altersversorgung bei der Unternehmenstransaktion

Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Jurist und Gutachter

Aus dem Betriebsrentengesetz (Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung – BetrAVG) sind unter dem Gesichtspunkt einer Risikoprüfung zwei Paragraphen von elementarer Bedeutung:

  • 1 Abs. (1) Satz 3 BetrAVG: Regelt die Subsidiärhaftung des Unternehmens für alle Formen und Arten der betrieblichen Altersversorgung (im Folgenden bAV genannt).
  • 18a BetrAVG. Die Grundlage der Die Langfristigkeit der Verpflichtung. Der Anspruch auf Leistungen aus der bAV verjährt ab der Fälligkeit der Versorgung in 30 Jahren.

Diese beiden Paragraphen sind verantwortlich dafür, dass allein der Arbeitgeber für sämtliche Fehler und Probleme in der bAV einzustehen hat und dies im Zweifel über einen sehr langen Zeitraum.

Die angesprochenen Probleme können dabei sehr vielfältiger Natur sein und tauchen in der Praxis in nahezu jedem Unternehmen in unterschiedlicher Ausprägung auf. Beispiele hierfür sind:

  • Rechtlich vorgeschriebene Unterlagen sind nicht vorhanden und/oder inhaltlich falsch.
  • Direktversicherungen wurden beliehen oder Bezugsrechte falsch eingetragen.
  • Entgeltumwandlungsvereinbarungen sind nicht oder nur unvollständig vorhanden.
  • Versorgungsordnungen fehlen komplett.
  • Gesellschafterbeschlüsse bei Organpersonen fehlen.
  • Versicherungsmathematische Bilanzgutachten fehlerhaft.
  • Anwartschaftsbescheinigungen nicht korrekt berechnet.
  • Verpflichtungen auf Basis stattgefundener betrieblicher Übungen oder wegen AGG.
  • Bereits stattgefundene Betriebsübergänge § 613a nicht korrekt umgesetzt.
  • Verpflichtungen durch mitgebrachte bAV neu eingestellter Mitarbeiter.
  • Nicht korrektes Bilanzbild durch nicht bewusste Verpflichtungen.
  • Fehlende PSV Testate.
  • Verpflichtungen aus fehlerhaft geschlossenen Versorgungswerken.
  • Tatbestände von VGA und VGE bei Organpersonen bereits eingetreten.

Es gilt diese Risiken im Rahmen einer Due Diligence aufzuspüren und zu quantifizieren.

DUE DILIGENCE

Die Due Diligence beschreibt die Prüfung und Bewertung eines Unternehmens im Rahmen einer geschäftlichen Transaktion.

In der Regel findet eine Käufer-Pre-Acquisition-Due-Diligence statt. Ihr vorweg steht die Absichtserklärung einem potentiellen Käufer Einblick in relevante Unterlagen zu gewähren.

Die Ermittlung der mit dem Kauf verbundenen Risiken steht dabei im Mittelpunkt.

DIE BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG

Die bAV ist Teil des 3-Säulen-Konzepts der Altersvorsorge der Bundesrepublik Deutschland. Dieses besteht aus:

  1. Gesetzliche Rente
  2. Betriebliche Altersversorgung (bAV)
  3. Private Vorsorge

Die hierarchischen Rechtsgrundlagen der bAV sind das Europarecht (z.B. Art. 21, 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union), das Grundgesetz (z.B. Art. 3, 12 GG), das BGB, HGB, EStG und AGG, das BetrAVG, das TV-Gesetz und diverse spezialgesetzliche Regelungen (z.B. VVG). Hinzu kommt das umfangreiche „Richterrecht“.

Betriebliche Altersversorgung liegt vor, wenn einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt wurden (§ 1 BetrAVG). Diese Zusage sollte in der Regel schriftlich erfolgt sein. Sie kann aber auch durch betriebliche Übung oder das Prinzip der Gleichbehandlung entstanden sein.

Die Umsetzung der bAV in der Praxis kann über verschiedene im BetrAVG geregelte Arten erfolgen. Dies sind die 5 Durchführungswege der bAV:

  • Die Direktzusage
  • Die Unterstützungskasse
  • Die Direktversicherung
  • Die Pensionskasse
  • Der Pensionsfonds

Die Finanzierung, jeder dieser Durchführungswege kann über 3 Arten vorgenommen werden:

  • Entgeltumwandlung
  • Arbeitgeberfinanziert
  • Mischfinanzierung aus Entgelt und Arbeitgeberbeitrag

Die grundsätzlichen Formen einer Zusage sind:

  • Leistungszusage
  • Beitragsorientierte Leistungszusage
  • Beitragszusage mit Mindestleistung

Zusammenfassung:

Das Unternehmen erstellt eine schriftliche Versorgungszusage. In dieser wird der Durchführungsweg, die Art der Finanzierung und die Form der Zusage festgelegt.

Die oben beschriebene Subsidiärhaftung (§ 1 Abs. (1) Satz 3 BetrAVG) des Unternehmens und somit alle damit in Verbindung stehenden betriebswirtschaftlichen Risiken, wirkt unabhängig vom Durchführungsweg, der Finanzierungsart und der Zusageform.

INTERDISZIPLINÄRE ZUSAMMENARBEIT

Auf Grund der Komplexität und der möglichen hohen und langfristigen Risiken, empfiehlt sich eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen einem zertifizierten Gutachter und Sachverständigen der betrieblichen Altersversorgung und einem mit der Unternehmenstransaktion beauftragten Juristen.

Mögliche Aufgaben des Gutachters / Sachverständigen für die bAV:

  • Bereitstellung von Checklisten.
  • Durchführung des Management Interviews für den Bereich bAV.
  • Prüfung vorhandener Gutachten.
  • Prüfung von Rentenberechnungen.
  • Prüfung von PSV Testaten.
  • Quantitative Analyse der bestehenden bAV (formelle Prüfung Vollständigkeit).
  • Quantifizierung bestehender Risiken und Unterdeckungen.
  • Prognoseberechnungen betriebswirtschaftlicher Lang-Zeit-Auswirkungen.
  • Reporting an den Juristen.
  • Testierte Gutachtenerstellung.

NUTZEN

Im Interesse des Käufers sollten alle mögliche Risiken aufgedeckt werden, damit diese Gegenstand der Vertragsverhandlungen werden können.

Der Bereich der bAV und das dadurch vorhandene Risikopotential wird unserer Erfahrung nach bei Unternehmenstransaktionen regelmäßig unterschätzt. Speziell wenn es sich um die sog. versicherungsförmigen Durchführungswege (Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds) handelt.

Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit dient der Qualitätserweiterung, der Zeitersparnis, der Risikominimierung und einer nach der Unternehmenstransaktion langfristigen arbeitsrechtlichen Betreuung eines Käufers.

UMSETZUNG IN DER PRAXIS

Die Praxis hat gezeigt, dass ein sogenannter Quick-Test, der durch den bearbeitenden Juristen (frühzeitig) mittels einer vom Gutachter / Sachverständigen zur Verfügung gestellten Checkliste vorgenommen werden kann, den größten Wirkungsgrad erzielt.

Ergeben sich aus dem Quick-Test Prüfungsansätze, wird nach Ankündigung des Juristen durch den Gutachter / Sachverständigen die bAV-Due Diligence eingeleitet und durchgeführt.

Nach dem abschließenden Reporting des Gutachters / Sachverständigen an den Juristen leitet dieser entweder nötige weitere Schritte ein oder schließt diesen Teil der arbeitsrechtlichen Due Diligence ab.

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